Die Kunst des Baby-Zen

Die Kunst des Baby-Zen

Es ist gerade Sakura, die Zeit des japanischen Kirschblütenfestes. Die prachtvolle Schönheit der zarten pastellrosa Kirschblüten ist überwältigend – und symbolreich zugleich. Es soll an die Vergänglichkeit erinnern … und uns vielleicht dazu ermuntern, alles Schöne ganz intensiv, ganz stark und in vollsten Zügen zu genießen und auszukosten – solange es da ist, solange wir es können. So kamen Joïe und ich zum Baby-Zen. Nur mussten wir keine japanischen Zen-Lehrmeister befragen, um das Wichtigste aus der Baby-Zen-Philosophie bereits erfahren zu haben, nämlich: Genieße jeden Augenblick mit Deinem Baby, erlebe jedes Lächeln, Lachen, jedes Kuscheln und jedes Brabbeln jedes Mal aufs Neue – denn es bleibt einzigartig. Diese kostbare Zeit verfliegt sehr schnell, die Kleinen wachsen und verändern sich. Mit anderen Worte: hat Baby Spaß, hat Mama Spaß und umgekehrt. Nichts anderes zählt in diesem Moment, in diesem Hier und Jetzt. Anfangs war es für mich schwierig, neben täglicher Milch-Abpumperei, Flaschen-Sterilisieren, wenig Schlaf, ständigen Kinderarzt-Kontrollen und Windelwechseln noch Muße für sinnvolle Zeitgestaltung mit meinem Baby zu finden, geschweige denn einfach mal auch ein bisschen Zeit für mich … Viele Mütter, die ich aus Geburtsvorbereitungskurs & Co. kannte, schienen mir so viel besser organisiert als ich, als hätten sie bereits vor der Geburt eine umfangreiche Ausbildung „Wie werde ich die perfekte Mutter“ absolviert. Sie schienen Zeit für alles zu finden – auch für dies und das, noch nebenbei für Rückbildung, Yoga und Pilates und für die perfekte Maniküre, versteht sich. Und nicht nur das. Das große Angebot an Babykursen in unserer Stadt nutzte mir nichts mehr, denn alle Kurse schienen auf lange Sicht ausgebucht zu sein: Ich könnte quasi Joïe heute für einen Krabbelkurs in gefühlt 5 bis 6 Jahren einschreiben – vorher nicht. Denn da hatten schon jene Vorbild-Mamas längst alle Plätze belegt. Eine Anmeldung zum Baby-Krabbelkurs war also gedanklich so weit entfernt wie eine Zulassung zum Studium in Oxford oder Cambridge. Krabbelgruppen-Plätze wurden auf internen Muttergruppen-Börsen so begierig gehandelt wie der DAX. Ich machte mir Druck und Vorwürfe, dass ich meiner Kleinen nicht genug Aktivitäten anbiete – dass sie noch kein Schwimmen, Singen, Baby-Turnen besucht – stattdessen nur so ganz gewöhnliche Baby-Sachen macht, wie mit Rasseln, Stapelbechern und Softwürfeln spielen … Hin und wieder traf ich glücklicherweise einige andere Mamis, die sich im Dschungel der Baby-Kurs-Angebote genauso verloren gefühlt haben wie ich. Wir haben, anstatt auf einer Plastikplane mit 20 anderen Eltern-Baby-Paaren im stickigen Indoor-Spielplatz zu schwitzen, lieber eine erfrischende Basilikum-Limonade an einem Plätzchen in der Sonne getrunken – während die Kleinen zufrieden gegluckst und einander und die Welt um sich herum wissbegierig beäugelt haben. (Stuttgart, wo wir zur Zeit wohnen, scheint mir die sonnigste Stadt Deutschlands zu sein, zu jeder Jahreszeit!) Nun, in der Ruhe liegt die Kraft. Ich lernte, nichts zu bereuen, das Gefühl, etwas verpasst zu haben, aus meinem Kopf zu verbannen und die Zeit stattdessen viel bewusster wahrzunehmen und zu genießen. Joïe hat mir ihre Zen-Philosophie tatsächlich beigebracht. Und so erleben wir jeden Tag wie ein Geschenk und versuchen ihn möglichst unkompliziert zu gestalten, ohne Druck und ohne große Pläne. Wie sieht unser neuer Zen-Alltag also aus? Der Tag fängt für uns mit einem sanften Wecken an – meist ein freundliches Baby-Glucksen oder Hüsteln – wohl das Signal: „ Mama, so langsam kann die erste Milchflasche kommen.“ Tatsächlich konnte Joïe nämlich schon sehr früh die Nächte durchschlafen und wachte so auf, dass sie nicht verhungert schreien musste. Mit der Zeit synchronisierte sich Joïe wunderbar mit dem Wecker meines Mannes, sodass wir auch entsprechend etwas länger schlafen konnten. Dann folgt die Morgentoilette, schöne Sachen zum Anziehen aussuchen, und danach ab auf den extra für Joïe gestalteten „Spielplatz“ auf der ausgezogenen Riesen-Couch … oder unten auf den schönen neuen Kuschelteppich, den wir nur für Joïe gekauft haben. Dort vergnügt sich die Kleine, während Mama ihren Espresso trinkt und nebenbei etwas für Ordnung sorgt. Anschließend begleitet Joïe meist die Mama zur Dusche – als Zuschauerin in ihrem Baby-Wippensitz. Am liebsten hat sie das Handtuch auf Mamas Kopf nach der Dusche, damit kann man wohl sehr gut spielen – und es ist soo kuschelig. Nachdem Mama dann auch fertig angezogen ist und einige Mails und Telefonate beantwortet hat, geht es entweder raus an die Luft, in den Park zum Beispiel, oder aber zum Einkaufen – so oder so – Zeit für noch mehr Entdeckungen für Joïe, oder einfach zum Schlafen. Beim Rausgehen gilt: Wickeltasche war gestern – heute geht’s schnell: alles in den Rucksack, zack zack, Milchflaschen, Thermoskanne, Milchpulver, Windeln, Tücher und Schnuller, vielleicht auch mal ein Spielzeug. Mehr muss nicht sein. Und das Prinzip des Chaos, für die spätere Damentasche, muss früh gelernt sein. Oft verbringen wir ganze Tage draußen, je nach Wetterlage, suchen uns Touren zum Entdecken, bei Regen verstecken wir uns in der futuristischen Stuttgarter Stadtbibliothek, wo Joïe mittlerweile die schöne Akustik gern austestet und bekannte Opern-Arien bereits einübt. Und neulich, bei einem Frühlings-Spaziergang, entdeckten wir das Zen. Und eine ungewöhnliche Sakura, ein Blütenfest, für das wir gar bis nach Japan reisen mussten – statt Kirschblüten regnete es nämlich unglaubliche Magnolien im Wilhelma-Garten! Joïe genoß sichtlich die Blütenpracht und quiekte und quietschte voller Freude. Zufriedenheit macht glücklich. Glückliches Baby, glückliche Mama, glückliche Mama, glückliches Baby, glückliche Eltern, glückliche Familie. Denn Glück ist das Ziel und der Weg zugleich. Und wie erlebt ihr eure Zeit mit euren Kleinen? Welche Aktivitäten habt ihr schon ausprobiert, wie erleben die Kleinen den Frühling? Ihr könnt gern die Kommentarfunktion auf Facebook zum Antworten nutzen. Bis zum nächsten Mal! Eure Radina-San und Joïe-Chan J

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