Eigenes Glück

Eigenes Glück

Ende des Jahres ist immer die Zeit, in der alle etwas melancholisch werden. Man denkt meistens drüber nach, was man im letzten Jahr erreicht hat, und viele fassen in dieser Zeit gute Vorsätze. Ich bin nicht diese Sorte Mensch – zumindest nicht mehr. Natürlich habe ich mir auch schon einmal Dinge für das folgende Jahr vorgenommen, denen ich, als es soweit war, gerne aus dem Weg gegangen bin und sie aufgeschoben hab. So bin ich inzwischen davon überzeugt, dass die Zeit der Besinnung doch eher eine heuchlerische Zeit ist. Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, oder schenken Dinge, die der andere nicht braucht. Sind auf Familie getrimmt und benötigen ein Datum, um uns eine schöne Zeit zu machen. Einkaufen im Dezember gleicht eher einem Treffen „Anonymer Aggressiver“ und besinnlich ist nur der Schein. Und doch ist es schön, Zeit für die Familie zu haben und sich Gedanken über sich und die Welt zu machen. Sich vom Duft gebrannter Mandeln anstecken zu lassen und Lichterketten leuchten zu lassen. Man liest aus dem oben Geschriebenen vielleicht schon heraus, dass ich nicht der größte Weihnachtsfan bin. Und auch gute Vorsätze sind nicht das beste Thema für mich. Das hat auch seinen Grund. Zum Älterwerden gehören ja bekanntlich auch schlechte Erfahrungen dazu. Oder sollte ich sagen vor allem?! Es dauert eine gewisse Zeit und Erfahrung, um Dinge verstehen und auch akzeptieren zu können.

Ausschlaggebend für diese Erkenntnis war für mich der Start ins Berufsleben. 2010 begann ich nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung zur Mediengestalterin. Ich hatte Pläne und Vorstellungen. War immer eher die Träumerin und wollte viel erreichen. Meine Mutter wusste schon immer, dass ich mein Ding machen würde und viel vor mir habe. Mir war wichtig, den Leuten mit Ausstrahlung zu begegnen – sie sollten aus der Begegnung mit mir etwas behalten. Selbst wenn es nur ein Lächeln ist. Ich war davon überzeugt, die Menschen um mich herum glücklicher machen zu können, wenn ich nur nett genug bin. So lief ich durch die Welt und lächelte schon als kleines Mädchen jedem zu, den ich sah. Es war schlimm für mich, wenn ich jemanden getroffen habe, der traurig schaute – und ich nicht verstand, warum. Ich wollte immer alles gut machen. Dass dies nicht ging, wurde mir schmerzhaft bewusst, als ich allmählich begriff, warum es manchen Menschen nicht immer gelang zu lächeln. Klar, ich hatte auch vorher schon viel schlechte Erfahrung gemacht – Gutmütigkeit wird selten belohnt. Das wusste schon die kleine Mau.

Aber während meines Starts in das Berufsleben passierte etwas mit mir, das ich so noch nicht kannte. Ich wurde unglaublich müde und monoton. Man beschreibt es gerne als „in ein Loch fallen“. Nach einem Autounfall, bei dem ich wirklich viel Glück hatte, wurde mir schlagartig bewusst, wie es ist, sterblich zu sein. Ich hatte seitdem durchgehend Rückenschmerzen und war einfach nur müde. Eine unglückliche Beziehung ließ mich immer weiter in diese Müdigkeit sinken. Die Ausbildung erfüllte mich nicht. Ich hatte kaum etwas zu tun und musste pendeln. Meckern wollte ich nicht, da ich wusste, dass es viele Pendler gibt, die es viel weiter haben. Eine Zugfahrt von knapp 1 ½ Stunden war also in Kauf zu nehmen. Ich versuchte diese Missstände in meinem Kopf mit äußerlicher Veränderung zu vertuschen – vor allem vor mir selbst. Meine Schmerzen versuchten die Ärzte mit starken Schmerzmitteln stillzulegen, und die Beziehung zu meinem damaligen Freund wirkte doch nach außen super. Warum also traurig sein? Ich ließ mir Dinge gefallen und nahm alles einfach hin. Aber ich wurde immer müder und müder. Das Schlimmste für mich: ich verlor meine Ausstrahlung. Ich war nur noch irgendein Mädchen und nicht mehr die Mau. Um niemanden schlecht zu reden, möchte ich keine Details ausgraben – das ist nicht meine Art. Aber ich habe gemerkt, was es bedeutet, den falschen Partner zu haben und vor allem auch der falsche Partner für jemanden zu sein. Ich gab mich für diesen Menschen auf und erwartete von ihm, dass er doch wissen hätte müssen, wer ich bin und mich stärken sollte – so mein Bild einer gut funktionierenden Beziehung. Dass ich einem Mann „A“ zurufe, der aber nur „B“ verstehen kann, musste ich erst lernen. Natürlich war ich nicht vollkommen blind und habe mir auch nicht alles gefallen lassen. Aber ich wurde stumpf. Stumpf und monoton. Ich hatte Erfolg mit meinen Fotos und bekam viel Lob – aber es kam nicht zu mir durch. Ich selbst hab das abgetan und gedacht, ich verdiene solche Worte nicht. Wenn ich bei einem Arzt angesprochen habe, wie ich mich fühle und dass ich mich selbst etwas durchschaue, wurde es abgetan. Ich wurde sogar schon als depressiv hingestellt – und mir wurden sogar Medikamente verschrieben. Aber ich war doch nur müde! Mir wollte nicht eingehen, dass ich selbst dafür verantwortlich bin, wie glücklich oder unglücklich ich war. Insgeheim dachte ich es mir zwar. Aber da müsste man sich ja eingestehen, dass man sich etwas vormacht. Doof! Es mag blöd klingen, aber ich habe es erst so richtig realisiert, als ich mich einfach nur noch hässlich fand. Dieses blasse Gesicht, der Mund, dessen Lächeln nicht mehr zu den Augen reicht … und die grauenvollen Haare, die durch die vielen Veränderungen komplett abgeschnitten werden mussten. Das war einfach nicht mehr ich.

Meine Mutter ist eine tolle Frau, die viel in ihrem Leben durchgestanden hat und uns (mir und meinen beiden Geschwistern) eine Stärke mit auf den Weg gegeben hat, die man nicht in Worte fassen kann. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Meine Löwenmama! Warum erzähle ich euch so etwas? Ganz einfach – ich bin wieder die Mau. Ich hab es geschafft, der Müdigkeit zu entfliehen und zu mir selbst zu finden. Ihr seid der Schmied eures Glückes. Das sagt man nicht nur so. Nein, es stimmt! In den Nachrichten und sogar in der Werbung wird so ein Gefühl mit „Burnout“ oder „Depression“ beschrieben. Das sind ernst zu nehmende Krankheiten, und es ist beängstigend, wie jeder damit abgespeist wird. Es gibt freiverkäufliche Mittel, die gegen diese Müdigkeit helfen sollen. Dabei ist es so viel wertvoller, sich mit sich zu beschäftigen! Sich einzugestehen, dass etwas nicht passt. Du und nur du kannst dich selbst glücklich machen. Es wird dich keiner an der Hand nehmen und dir helfen – zumindest nicht auf Dauer. Das ist allein deine Aufgabe. (Falls ihr aber wirklich fiese Gedanken habt, die weitaus tiefer gehen oder dunkler sind, dann scheut euch nicht, euch professionelle Hilfe zu suchen! Ihr müsst das nicht allein schaffen, falls es so sein sollte. Es gibt tolle Stellen, an die man sich wenden kann.) Aber was ist passiert? Wie hab ich es geschafft, wieder mehr Mau zu werden? Es geschah schleppend, und ich musste erst abserviert und betrogen werden, um wirklich zu realisieren, dass ich lange nicht ich selbst war. Nach der Ausbildung und vor allem während der Trennung von meinem damaligen Freund hab ich mich viel mit Menschen unterhalten, die mir wichtig waren. Ich habe endlich angefangen Schwäche zu zeigen. Auch mal zu weinen. Und mir wurde klar: Ich bin nicht allein. Jedem geht es mal doof. Aber ich brauche niemanden, um glücklich zu sein. Ich kann es mit mir selbst sein! Ich muss mich wichtig nehmen und kann trotzdem noch nett zu anderen sein. Aber an allererster Stelle komme ich! Das ist nicht egoistisch oder selbstbezogen. Nein, es ist einfach nur ehrlich. Du musst dir selbst der wichtigste Mensch sein. Auch wenn man ein Kind erwartet. Klar werde ich die Kleine lieben und versorgen so gut ich kann. Aber ich darf mich dabei nicht vergessen. Ich will nicht, dass mein Baby lernt, wie man in so eine Monotonphase fällt. Ich will, dass unser kleines Mädchen lernt, wie toll es ist, zu sich zu stehen und sich zu lieben. Denn erst dann kann man auch Liebe gegenüber anderen wirklich bedingungslos zulassen.

Ich wollte euch mit diesem sehr intimen Einblick in meinen Kopf zeigen, dass jeder seine Geschichte hat. Ich habe auch schon viel durchgemacht (das möchte ich nicht breit treten). Aber ihr sollt wissen, dass jeder die Chance hat glücklich zu sein! Mein Jahr 2014 war hart, aber unglaublich wichtig. Nachdem ich die Trennung vom damaligen Freund – es war meine erste richtige und längste Beziehung – überwunden hatte, merkte ich, wie schön es ist, an sich zu denken! Meine Haare gaben mir Bestätigung, indem sie wuchsen und wieder schöner wurden. Ich ging mit meinen Mädels weg und bekam viele Komplimente für mein Aussehen. Und Bestätigung vom anderen Geschlecht tut schon gut – seien wir mal ehrlich. Einen Job bekam ich nicht sofort, und mein Ausbildungsbetrieb hatte entgegen allen Erwartungen keinen einzigen Azubi übernommen. So war ich kurze Zeit arbeitslos. Aber hey! Es gibt Schlimmeres. Um meine Miete zahlen zu können, fing ich an, über eine Zeitarbeitsfirma Leiterplatten bei einem Großunternehmen zu testen. Arbeitete Schichten und bekam einen Hungerlohn. Aber ich nahm mich wichtig und ließ mich nicht gehen. Nach der ersten Gehaltsabrechnung habe ich den Ganoven der Zeitarbeitsfirma meine Kündigung gegeben und mir eben etwas anderes gesucht. Ich verkaufte in einem Laden Kosmetik für einen noch schlimmeren Lohn. Aber der Kontakt zu den Kunden erfüllte mich. Endlich konnte ich wieder Leute glücklich machen. Juhuu! Aber leider hat es mir selbst nichts gebracht, da der Verdienst gerade mal für die Miete meiner 35-Quadratmeter-Wohnung reichte. Das bringt auf Dauer nichts. Da meine Chefin leider nicht mehr zahlen „konnte“, musste ich für mich entscheiden, was ich wollte.

In dieser Zeit lief mir Steve über den Weg. Er war verliebt in mich – und ich wollte nichts von Männern wissen. Ich wollte jetzt Mau sein. Aber er war so ein toller Mensch und tat mir so unglaublich gut, dass er mein Herz im Sturm eroberte! Ich hatte nicht einmal das Gefühl, mich vor ihm verstellen zu müssen – das hat jeder am Anfang einer Beziehung schon mal getan, gebt's zu! Bei ihm musste ich es nicht. Ich konnte aussehen wie ein Engel und reden wie ein Bauarbeiter, und er hat keine Anstalten gemacht, das komisch zu finden. Es war so toll, einfach geliebt zu werden. Ich hatte trotz der langen Beziehung vorher nie die Pupsgrenze überschritten … und bei Steve? Da war das voll egal. Gehört eben dazu (okay, ich muss gestehen, ich kicher’ trotzdem bei jedem Pups)! Wow, das hatte ich nicht erwartet! Echte bedingungslose Liebe! Und wir redeten so viel und verstanden uns so super, dass wir nach kurzer Zeit beschlossen haben, uns zu erweitern. Er hat genug durchgemacht in seinem Leben – und ich war ehrlich genug, um eine klare Entscheidung treffen zu können: „Lass uns Babys machen!“ Und hier sind wir! Danke für eure Zeit. Ich hoffe, ich konnte euch damit etwas berühren. Jeder Einzelne von euch ist es wert, geliebt zu werden! Tut es einfach.

Macht euch eine schöne Zeit und startet vor allem gut ins neue Jahr!

UND! Denkt ans Wasser trinken ;-)

Eure Mau

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