Parenting nach Gefühl

Parenting nach Gefühl

Mein Baby ist immer bei mir. Ich trage ihn überall hin und er ist andauernd in meinen Armen. Meine Mama hilft mir im Haushalt, weil ich es alleine nicht schaffe. Ich packe meine Brüste überall aus und stille in der Öffentlichkeit. Gegen meine Depressionen nehme ich Antidepressiva ein. Ich werde schon vor Ende des ersten Jahres wieder einige Stunden in der Woche arbeiten. Ich lasse mein Kind nicht taufen. Gar nicht perfekt, aber dafür Fehler machend stolpere ich im Moment so durchs Leben und versuche dabei, der glücklichste Mensch zu sein, weil ich das hübscheste Baby habe. Und dabei kann ich ganz und gar keinen gebrauchen, der über mich urteilt. Der sich einmischt und mir versucht zu erklären, wie ich es besser machen kann. Ob aus Neid oder Ärger oder gutem Willen heraus. Ich möchte meine Fehler so machen, wie sie bis jetzt jeder machen durfte. Mit einigen Tipps, sehr gerne. Aber sobald man sich für seine Taten und Gedanken rechtfertigen und vor anderen entschuldigen muss, sobald man sich unsicher ist aufgrund der Meinung von anderen, hört der Spaß auf. Andauernd versuche ich, den unterschiedlichsten Leuten zu erklären, warum und weshalb ich etwas so mache wie ich es eben mache. Ob es jetzt einem völlig Fremden oder meiner eigenen Familie gegenüber ist. Ob derjenige das jetzt von mir verlangt oder eben auch nicht. Andauernd versuche ich, es anderen recht zu machen. Oder wenigstens meinen Standpunkt mitzuteilen. Dabei sollte mir das völlig wurst sein. Der Einzige, dem gegenüber ich eine Verpflichtung habe, ist Mika. Und vielleicht noch Daniel. Aber ansonsten sollte man sich wirklich bemühen, die allseits bekannte LMAA-Einstellung an den Tag zu legen. Leichter gesagt als getan, ich habe es mir jedenfalls immer vorgenommen. Nix ist draus geworden. Ich möchte kein schlechtes Gewissen haben, weil ich mein Kind „verwöhne“. Denn dabei geht es uns beiden gut. Ich möchte nicht, dass man schlecht über mich denkt, weil ich Tabletten, psychologische Hilfe und die meiner Mama annehmen muss, weil ich es alleine einfach (noch) nicht hinbekomme. Ich möchte nicht, dass hinter meinem Rücken geurteilt und schlecht über mich geredet wird, weil ich dies und jenes anders mache. Und ich möchte nicht, dass Leute sich darüber empören, dass ich im Internet ganz öffentlich so viel über mein intimstes Privatleben preisgebe. Denn von vielen Seiten höre ich, dass es Frauen und Kindern ganz genauso ergeht wie uns. Und für mich ist dieses Aufschreiben von unschönen und schönen Tatsachen aus meinem Leben schon ein wenig zur Therapie geworden. So kann ich unangenehme Dinge nicht verbuddeln und verdrängen … und schöne Dinge teilen und damit vielleicht ein wenig angeben. Zack, und da habe ich mich wieder gerechtfertigt, weshalb ich viel preisgebe. (Aber ich will ja nur verstanden werden … Ja ja, liebe Leonie …) Wenn man etwas aufschreibt und hinterher liest, schwarz auf weiß, wird einem oft erst bewusst, wie die Dinge wirklich sind. Man sieht sein Leben praktisch mit ein wenig Abstand. Als wäre man ein Außenstehender. Und so wirkt vieles gleich ein wenig harmloser, besser, übertriebener oder auch negativer, als man eigentlich dachte. Ich habe noch nie Tagebuch geschrieben (die mehrmaligen Versuche, die ich nach 2 Einträgen wieder abgebrochen habe, zählen nicht) aber ich merke jetzt, warum es hilft. Eine Form von Eigentherapie. Ob man es veröffentlicht oder nicht, spielt dabei keine große Rolle. Mir gefällt am öffentlichen Part aber, dass ich sowohl positives aber auch negatives Feedback erhalte – und somit auch andere Sichtweisen, die ich sonst wahrscheinlich nicht bekommen könnte. Seit einigen Jahren und seit ich schwanger war, bzw. Mama bin, versuche ich noch mehr, nicht über andere zu urteilen. Was man mitbekommt, sind stets nur Momentaufnahmen. Was man nicht mitbekommt, sind die Geschichten, Ereignisse, Gedanken dahinter. Wer bin ich, dass ich über andere schlecht denken und urteilen kann? Ich mache ja selbst so vieles, was andere manchmal nicht optimal finden (und sogar ich selbst hin und wieder). Und doch ist es oft so schwer, nichts Negatives über Menschen zu denken, die man überhaupt nicht kennt – und wo es doch ein so Leichtes ist, sie ganz schnell auf die eine oder andere Weise zu beurteilen … Liebe Grüße, Die an sich arbeitende Mama und das kleine Versuchsobjekt

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